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Der britische Bestsellerautor Matt Ridley beschreibt seinen Weg zum «Klimaskeptiker». Hier äussert sich der Naturwissenschaftler zudem über schädliche Windräder, die Potenz von erneuerbaren Energien und über das Phänomen Greta Thunberg.

Matt Ridley, der 5. Viscount Ridley, ist Journalist, Autor, Landeigentümer, Wissenschaftler, Libertärer und überzeugter Brexiteer. In Bestsellern wie «The Rational Optimist. How Prosperity Evolves» beschäftigt er sich mit der Natur des Menschen und seiner Kreativität und legt dar, dass die Probleme der Welt übertrieben dargestellt und die Fähigkeit des Menschen, sie zu lösen, unterschätzt werden. In Sachen Klimawandel ist er ein Lauwarmer: Er glaubt zwar, dass ein Gutteil der Erderwärmung vom Menschen verursacht sein könnte, hält es aber für nicht erwiesen, dass diese Entwicklung bedrohlich oder beispiellos ist oder radikale Gegenmassnahmen erfordert.

Wann ist aus Ihnen eigentlich ein «Klimaskeptiker» geworden?

Das war 1988. Als Wissenschaftsredaktor des Economist hatte ich viel mit dem Klimawandel zu tun. Ich dachte immer, das sei ein Problem. Und als ich [Michael Manns, d. Red.] «Hockeyschlägerkurve» sah, dachte ich: Mein Gott, das ist wirklich verrückt, was da mit dem Klima passiert. Verglichen mit tausend Jahren relativer Stabilität, haben wir plötzlich diesen auffälligen Temperaturanstieg.

Und dann fing ich an, Steve McIntyre zu lesen, der analysierte, dass die Hockeyschlägerkurve zu 98 Prozent unzutreffend sei. Vielleicht ist das noch untertrieben. Diese Dinge sind kompliziert. Aber man muss es verstehen, man muss sich reinknien in die Materie. Es handelt sich um ein System von statistischen Analysen, die jeden unauffälligen Temperaturtrend unberücksichtigt lassen und starke Ausschläge nach oben massiv überbewerten.

Ich bin kein Leugner. Wir haben mehr Kohlendioxid. Wir Menschen sorgen dafür. Ich glaube, dass ein Gutteil der jüngsten Erwärmung darauf zurückzuführen ist, vielleicht zum allergrössten Teil, aber ich halte das Tempo der momentanen Erwärmung für nicht gefährlich. Die Massnahmen, die wir ergreifen, werden meiner Ansicht nach nur Schaden anrichten, was ja schon passiert, und es trifft vor allem die einkommensschwache Bevölkerung. Ich finde das inakzeptabel.

Sie haben das mit dem schönen Bild beschrieben: «eine Erkältung mit Chemotherapie kurieren».

Eine ältere Version lautete: «Nasenbluten mit einem Tourniquet um den Hals stillen.»

Viele Leute sagen: «Selbst wenn der Klimawandel kein Problem ist, die Massnahmen zur Senkung der CO2-Emissionen können ja nicht schaden.»

Das ist dumm. Diese Leute sollten sich die Fakten genauer ansehen. In North und South Carolina werden Wälder abgeholzt und dann bei uns in Yorkshire verheizt. Das ist schlecht für Spechte und Menschen, und dabei entsteht übrigens mehr CO2. Wir verweigern den Afrikanern Geldmittel für die Versorgung mit Gas als Brennstoff zum Kochen, was zwei Auswirkungen hat: Zum einen sterben drei Millionen Menschen an den Folgen von Luftverschmutzung, weil sie über Holzfeuern kochen, und zweitens schlagen sie die Wälder kahl. Das kann nicht folgenlos bleiben. Gleichzeitig werden reale Umweltprobleme ignoriert. Was wir den Weltmeeren antun, beispielsweise die Überfischung, ist schockierend – die Ozeane nehmen auf vielfältige Art und Weise Schaden. Die Klimapolitik verhindert, dass wir uns auf die wirklich wichtigen Dinge konzentrieren.

Als Zoologe und Naturschützer können Sie die ganzen Schreckensmeldungen, dass viele Arten aufgrund des Klimawandels aussterben, vermutlich nicht mehr hören.

Es ist wichtig, auf die wahren Ursachen hinzuweisen. Ich weiss von meiner eigenen Farm in Northumberland, dass dort zwei Arten zu meinen Lebzeiten ausgestorben sind, und eine andere steht kurz davor. Der einheimische Flusskrebs ist verschwunden, weil er vom Signalkrebs verdrängt wurde, der aus Nordamerika einwanderte. Die Wühlmaus ist vom Amerikanischen Nerz verdrängt worden. Das rote europäische Eichhörnchen ist im Begriff, durch das Grauhörnchen verdrängt zu werden, das den unangenehmen Parapoxvirus in sich trägt. Mit dem Klimawandel hat das alles überhaupt nichts zu tun.

Umweltschützer glauben offenbar, dass die Natur in einem konstanten Zustand existiert.

Wir dürfen nicht vergessen, wie dynamisch die Natur ist. Natürlich gibt es ständig ungeheure Veränderungen. Vor einigen Jahren kam es in der Nordsee zu einer explosionsartigen Verbreitung von Fahnenschwanz-Seenadeln – ich glaube, so hiessen sie. Sie sahen wie Schnürsenkel aus und traten so massenhaft auf, dass es fast nach einer Katastrophe aussah. Papageientaucher und Seeschwalben fütterten ihre Jungen damit, und weil Seenadeln praktisch keinen Nährwert haben, starben diese armen Kleinen, mit den Schnürsenkeln im Schnabel. Und alle schauten besorgt: Das hat mit dem Klimawandel zu tun. Und genauso plötzlich verschwanden sie wieder und wurden nie mehr gesehen.

Wie stehen Sie als Ornithologe zu den «vögelschreddernden Öko-Kreuzen»?

Windräder sind eine furchtbare Verschwendung von Zeit, Geld, Energie und vielem anderen. Wussten Sie, dass für den Bau eines einzigen Windrads 150 Tonnen Kohle notwendig sind? Um uns als Zivilisation weiterzuentwickeln, brauchen wir überschüssige Energie. Jedes System, das für die aufgewendete Energie nicht das Siebenfache an Energie liefert, ist Zeitverschwendung. Windräder kommen an dieses Verhältnis nicht heran. Diese Art der Energie-Erzeugung ist nicht sinnvoll und aus ökologischer Sicht eine Katastrophe. Aber Windräder sind ungeheuer profitabel für reiche Leute. Als Londoner in Northumberland hätte ich schon längst auf diesen Zug aufspringen sollen. Wie dumm von mir!

Und dann die Umweltschäden ...

Manche Leute sagen, es kommen mehr Vögel um, weil sie gegen Treibhäuser fliegen oder von Katzen getötet werden. Nun ja, für Adler gilt das aber nicht. Das Problem bei Windrädern ist, dass sie Vögel zerfetzen, ob Keilschwanzadler in Tasmanien oder Seeadler in Norwegen.

Trotzdem sagen Umweltschützer, dass erneuerbare Energien unentbehrlich sind, wenn wir bis 2050 klimaneutral sein wollen.

Mit Erneuerbaren werden wir das niemals erreichen. Erneuerbare liefern gegenwärtig 3 Prozent der Energie weltweit, das ist ungefähr so viel wie vor zwanzig Jahren. Der Anteil ist sehr gering, aber die Kosten sind immens – Milliarden von Pfund im Jahr, die Leute werden in die Energiearmut getrieben. Wer in seiner Panik wirklich glaubt, wir brauchten Klimaneutralität, der sollte die Erneuerbaren vergessen. Weil die Kosten der Atomenergie astronomisch sind, kann man eigentlich nur sagen: «Tut mir leid, ihr werdet nie wieder verreisen können. Und die Zentralheizung aufdrehen können. Ihr werdet auf dem Dorf leben, so wie im Mittelalter, und den Ort nie mehr verlassen.» Also, das funktioniert natürlich nicht. Denken wir nur an die Wahlen in Australien, in Amerika, an die Proteste in Frankreich. Im Jahr 2019 ist ein vernünftiger Lebensstandard ohne fossile Brennstoffe nicht denkbar. Ich neige dazu, Kohle durch Gas zu ersetzen.

«Frack Baby Frack»?

Ganz genau. Die Schiefergasrevolution ist der grösste Energiedurchbruch der letzten zwanzig Jahre. Vergessen Sie nicht, vor zehn Jahren war man allgemein der Ansicht, dass Gas als einer der ersten fossilen Energieträger ausgehen werde. Stattdessen haben wir ein enormes Überangebot an Schiefergas, und die Preise, die nach Ansicht aller Experten steigen sollten, sind im Keller.

Warum reagieren die Medien so hysterisch, wenn es um den Klimawandel geht?

Wirklich schockierend war die Reaktion auf die gehackten «Climategate»-Mails vor zehn Jahren, als sich zeigte, dass Klimawissenschaftler alles versuchten, um die Beweislage in ihrem Sinn zurechtzubiegen und Skeptiker aus der Literatur herauszuhalten. Die Welt reagierte kurzzeitig mit Empörung, und dann hiess es: «Moment mal, wir können nicht zulassen, dass in der Öffentlichkeit der Eindruck entsteht, dass es ein Problem gibt. Wir werden die Sache mit ein, zwei verharmlosenden Untersuchungen unter den Teppich kehren.» Und die Journalisten haben mitgemacht. Was ist nur aus dem Berufsethos der Journalisten geworden?

Wahrscheinlich lassen sie sich von Leuten wie David Attenborough und Greta Thunberg blenden.

Nun ja, David Attenborough ist ein ganz Grosser, aber was er zuletzt in manchen Sendungen gesagt hat, dass etwa Walrosse wegen des Klimawandels von den Klippen springen, das ist einfach dummes Zeug. Wir müssen uns an die Fakten halten. Sorgen macht mir, dass einige dieser Ansichten, die wirklich extrem sind, nicht auf Widerspruch oder Kritik stossen. Wenn man eine 16-Jährige mit Asperger-Syndrom präsentiert und sagt: «Untersteht euch, sie zu kritisieren, denn das wäre unhöflich gegenüber einem behinderten Kind» – nun ja, tut mir leid, aber wenn sie politische Thesen vorbringt, muss man sie kritisieren dürfen.

Aus dem Englischen von Matthias Fienbork